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UNI-INFO
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reiwilligenagenturen haben ein gro-
ßes Leistungspotenzial – ihre öffent-
liche Förderung aber fällt bescheiden
aus. Zu diesem Ergebnis kommt eine
neue Studie von WissenschaftlerInnen
der Universitäten Oldenburg und Hal-
le-Wittenberg. Ende Mai stellten die
WissenschaftlerInnen die Arbeit im
Deutschen Bundestag vor.
In Auftrage gegeben hatte die Studie
das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend. Über ein
Drittel der Deutschen engagiert sich
freiwillig – zumeist direkt vor Ort. Frei-
willigenagenturen nehmen dabei eine
Schlüsselposition ein. „Mit der Untersu-
chung liegt erstmals eine differenzierte,
bundesweite Studie zu den Wirkungen
und zur Entwicklung von Freiwilligen-
agenturen in Deutschland vor“, so der
Oldenburger Erziehungswissenschaftler
Prof. Dr. Karsten Speck. Die Studie liefe-
re zugleich Erkenntnisse zur Förderung
einer lokalen Infrastruktur bürgerschaft-
lichen Engagements. „Freiwilligenagen-
turen verstehen sich in Deutschland als
Vermittler zwischen Bürgern, gemein-
nützigen Organisationen, Politik und
Verwaltungen in allen Angelegenheiten
bürgerschaftlichen Engagements“, er-
gänzt Holger Backhaus-Maul, Sozio-
loge an der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg. Dies seien Allein-
stellungsmerkmale, die die Freiwilli-
genagenturen zu begehrten Adressen für
öffentliche und private Förderer machen
müssten. Doch die öffentliche Förderung
auf Kommunal- und Landesebene falle
höchst bescheiden aus.
(Mehr zum Thema: Seite 4)
Kaum öffentlich gefördert
Studie über Freiwilligenagenturen vorgelegt
Kant-Forschungspreis
Verleihung und internationale Tagung im BKGE
P
remiere bei der Vergabe des Imma-
nuel-Kant-Forschungspreises: Erst-
mals erhielten drei Nachwuchswissen-
schaftlerInnen den Preis des Beauftrag-
ten der Bundesregierung für Kultur und
Medien (BKM). Mitte Juni wurde er
verliehen, im Bundesinstitut für Kultur
und Geschichte der Deutschen im öst-
lichen Europa (BKGE).
Der Preis ist für herausragende Dis-
sertationen und Habilitationsschriften,
die sich mit der Kultur und Geschichte
der Deutschen im östlichen Europa
und den Wechselwirkungen mit den
Nachbarvölkern befassen. Die Züri-
cher Kunsthistorikerin Dr. des. Britta
Dümpelmann wurde ausgezeichnet
für ihre Arbeit „Veit Stoß und das
Krakauer Mar ienretabel. Mediale
Zugänge, mediale Perspektiven“. Der
Berliner Antisemitismusforscher Dr.
des. Tim Buchen erhielt den Preis für
„Antisemitismus in Galizien. Agitati-
on, Gewalt und Politik gegen Juden in
der Habsburgermonarchie um 1900“.
Ausgezeichnet wurde auch der Litauer
Historiker Dr. Vasilijus Safronovas
für die Arbeit „Die Konkurrenz der
Identitätsideologien in einer Stadt der
westbaltischen Region: Forschungen
am Beispiel Memels im 20. Jahrhun-
dert“. Nach der Preisübergabe fand im
BKGE eine dreitägige Tagung statt:
„Cultural Landscapes. Transatlan-
tische Perspektiven auf Wirkungen
und Auswirkungen deutscher Kultur
und Geschichte im östlichen Europa“,
so das Thema, das ReferentInnen aus
Deutschland, den USA, Polen und Qa-
tar diskutierten. (mr)
... stammen die 30 Gastwissenschaftle-
rInnen, die Universitätspräsidentin Prof.
Dr. Babette Simon im Juni gemeinsam
mit den Oldenburger Forschungspart-
nern an der Universität begrüßte. Die
WissenschaftlerInnen, darunter zehn
Alexander von Humboldt-Stipendia-
tInnen, kommen aus Polen, Moldau,
Weißrussland, Großbritannien, Spanien,
Japan, Iran, Indien, Bangladesh, Viet-
nam, Kirgisien, Syrien, der Ukraine
sowie den USA und China. Sie sind für
Forschungsaufenthalte von zwei Mona-
ten bis zu drei Jahren Gäste an der Uni-
versität. Die feierliche Begrüßung fand
unter Federführung des International
Relations Office (IRO) statt.
Foto: Daniel Schmidt
Aus 15 Nationen …
D
ie Verringerung des Hörvermögens
bis hin zur Taubheit ist die häufigste
Beeinträchtigung der menschlichen
Sinne. Etwa eins von 1.000Neugeborenen
kommt mit einem Hörverlust zur Welt.
Bei der Hälfte der Kinder sind Genmuta-
tionen die Ursache. WissenschaftlerInnen
konnten inzwischen über 50 Taubheits-
gene identifizieren. Die Behandlungs-
möglichkeiten haben sich in den letzten
Jahren stark verbessert. Dennoch führen
selbst modernste Hörhilfen wie Coch-
leaimplantate bisher häufig nicht zum
gewünschten Erfolg.
Im Rahmen des kürzlich bewilligten
Exzellenzclusters „Hearing4all“ will
die Arbeitsgruppe Neurogenetik um
Prof. Dr. Hans Gerd Nothwang dies
ändern. Schon seit mehreren Jahren
analysiert sie Taubheitsgene von Mäu-
sen, die Rückschlüsse auf die Funkti-
onsweise menschlicher Hörverluste zu-
lassen. Im Rahmen eines europäischen
Verbundprojekts ist der Arbeitsgruppe
nun der Nachweis gelungen, dass Mu-
tationen in Taubheitsgenen nicht nur
die Funktion des peripheren Hörsy-
stems, also des Ohrs, sondern auch
die zentrale Hörbahn beeinträchtigen.
Unter dem Titel „Retrocochlear func-
tion of the peripheral deafness gene
Cacna1d“ (Retrocochleäre Funktion
des peripheren Taubheitsgens Cacna1d)
haben die Oldenburger zusammen mit
WissenschaftlerInnen der Universi-
täten Mannheim und Tübingen diese
Forschungsergebnisse jüngst in der re-
nommierten Fachzeitschrift „Human
Molecular Genetics“ vorgestellt.
Das periphere Taubheitsgen Cacna1d ist
essentiell für die Funktion des Innen-
ohrs. Mit Hilfe modernster genetischer
Techniken haben Nothwang und seine
KollegInnen dieses Gen in der Hörbahn
gezielt ausgeschaltet, ohne die Funktion
des Innenohrs zu beeinträchtigen. Dabei
stellten sie fest, dass die Abwesenheit des
Gens drastische strukturelle und funkti-
onelle Veränderungen in der zentralner-
vös gelegenen Hörbahn zur Folge hat.
Um zu klären, inwieweit auch andere
Taubheitsgene wichtige Funktionen in
der Hörbahn innehaben, kooperieren
die WissenschaftlerInnen mit Gruppen
innerhalb des Exzellenzclusters „Hea-
ring4all“ unter Leitung von Prof. Dr.
Dr. Birger Kollmeier, dem Forschungs-
schwerpunkt Neurosensorik und wei-
teren Oldenburger Arbeitsgruppen wie
„Molekulare Systematik“ von Prof. Dr.
Olaf Bininda-Emonds und „Compu-
terorientierte theoretische Physik“ von
Prof. Dr. Alexander Hartmann. Durch
diese vielfältigen Kooperationsmög-
lichkeiten biete sich den Oldenburger
Wissenschaftlern ein optimales For-
schungsumfeld, so Nothwang. „Von
der interdisziplinären Zusammenarbeit
versprechen wir uns Erkenntnisse, die
für eine verbesserte individuelle Be-
handlung mit Hörhilfen von großer
Bedeutung sein könnten.“ (mr)
DemHörverlust auf der Spur
Arbeitsgruppe Neurogenetik untersucht Mutationen in Taubheitsgenen
D
ie Clearingstelle „Stroke“ wird
im Juli vom Ambulatorium für
ReHabilitation eingerichtet. Men-
schen mit Hirnschädigungen sowie
deren Angehörigen bietet sie ein
Beratungs-, Informations-, Vernet-
zungs- sowie Forschungsangebot zu
den verschiedenen Formen von Hirn-
schädigungen und ihren Folgen. Die
Clearingstelle wird mit dem Sympo-
sium „Stroke – Neue Wege in der re-
habilitativen Versorgungsforschung“
offiziell eröffnet. Zudem findet ein
„Präventionstag gegen Schlaganfall“
statt.
„Stroke“ will die Vernetzung be-
stehender Versorgungsangebote im
Oldenburger Raum fördern und da-
mit zu einem ganzheitlichen Bera-
tungsangebot beitragen. Angestrebt
werde auch eine Kooperation mit dem
künftigen Wissenschaftlichen Zen-
trum für Versorgungsforschung der
European Medial School (EMS), be-
tont Prof. Dr. Gisela C. Schulze vom
Ambulatorium für ReHabilitation.
Das Symposium r ichtet sich an
Schlaganfall-Prävention
Informationstag und neue Clearingstelle „Stroke“
MitarbeiterInnen kl inischer und
ambulanter Einrichtungen, die mit
Schlaganfall-PatientInnen sowie de-
ren Angehörigen arbeiten. Es refe-
rieren nationale wie internationale
ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen,
die praxisnahe Problemstellungen aus
medizinischer, sozialwissenschaft-
licher und rehabilitationspädago-
gischer Perspektive thematisieren und
mit Blick auf aktuelle Entwicklung
der Versorgungsforschung erörtern.
Der öffentliche „Präventionstag ge-
gen Schlaganfall“ wird von der Pro-
jektgruppe Rehabilitationspädagogik
der Universität in Kooperation mit
Ärzten des Evangelischen Kranken-
hauses und des Rehazentrums Ol-
denburg veranstaltet. Interessierte
können eine kostenlose Ultraschall-
messung der Halsschlagader durch-
führen lassen. Diese Untersuchung
kann Aufschluss über ein erhöhtes
Schlaganfallrisiko geben. (tk)
Wann: 13. Juli (Symposium) und
17. Juli (Präventionstag)
Wo: Bibliothekssaal
D
ie Globalisierung stellt klar ab-
grenzbare nationale Identitäten
infrage und sorgt für neue, grenzü-
berschreitende Identitätsentwürfe“,
sagt Prof. Dr. Martin Butler. Der
Amerikanist hat das internationale
und interdisziplinäre Forschungs-
netzwerk DIVERSITAS (Diversity
Studies International Teaching And
Scholarship Network) ins Leben ge-
rufen. Es untersucht die Dynamiken
von Kulturkontakt und Kulturtransfer.
Dabei gilt das Interesse den kultu-
rellen und medialen Konsequenzen
des Globalisierungsprozesses. „Um
diese Prozesse so präzise wie möglich
diskutieren zu können, bedarf es einer
transkulturellen und fächerübergreifen-
den Herangehensweise“, so Butler.
In dem Forschungsnetzwerk arbeiten die
Universität Oldenburg, die University
of the Witwatersrand in Johannes-
burg (Südafrika) und die University
of Mumbai (Indien) zusammen. Unter
der Federführung von Butler und Dr.
Hendrike Lehnguth vom Institut für
Anglistik und Amerikanistik bringt es
Lehrende und Forschende der Literatur-
und Kulturwissenschaften, der Sozio-
logie, Psychologie, Musikwissenschaft
und der Gender Studies zusammen.
„Die zunehmende Vielfalt und wech-
selseitige Durchdringung kultureller
Ausdrucksformen lässt die Idee natio-
Die nationale Grenze war gestern
Neues Forschungsnetzwerk untersucht Kulturkontakte und Kulturtransfer
naler Grenzen als Relikt vergangener
Zeiten erscheinen. Im Netzwerk wol-
len wir die Facetten transnationaler
Kultur interdisziplinär untersuchen
und herausfinden, wie sie sich auf
das Selbstverständnis der Menschen
in den drei Kontinenten auswirken“,
erläutert Butler.
Anfang Juli findet zum Auftakt von
DIVERSITAS ein Workshop in Ol-
denburg statt. Parallel zum Treffen
bietet das Institut erstmals einen DI-
VERSITAS-Sommerkurs für Fach-
masterstudierenden der Fakultät III
Sprach- und Kulturwissenschaften an.
www.fk3.uni-oldenburg.de/
59034.html