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UNI-INFO
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ie Oldenburger Physiker Prof. Dr.
Dr. Birger Kollmeier und Prof. Dr.
Volker Hohmann sind zusammen mit
Dr. Torsten Niederdränk (Siemens AG)
im September als eines von vier Teams
für den Deutschen Zukunftspreis nomi-
niert worden.
Die renommierte Auszeichnung wird
vom Bundespräsidenten für herausra-
gende Projekte der deutschen Forschung
und Entwicklung vergeben. Das Team
um Kollmeier wurde von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) vorge-
schlagen und von einer hochrangigen
Jury für die Endrunde, den „Kreis der
Besten“, nominiert. Kollmeier, Sprecher
des Exzellenzclusters „Hearing4all“,
leitet auch das Kompetenzzentrum
HörTech, die Fraunhofer-Projektgruppe
für Hör-, Sprach- und Audiotechnologie
und ist einer der führenden Köpfe des
Forschungs- und Entwicklungsnetz-
werks „Auditory Valley“.
Die Entwicklung, die mit der Nominie-
rung honoriert wird, ist in ihrer Realisie-
rung äußerst kompliziert: Das Zusam-
menspiel beider Ohren beim Hören soll
auch bei der Hörgeräteversorgung be-
rücksichtigt werden. Denn: Erst durch die
Interaktion von linkem und rechtemOhr
entsteht ein räumlicher Eindruck. Bis in
die 1990er Jahre waren Hörsysteme pri-
mär auf die Versorgung jedes einzelnen
Ohrs ausgerichtet. Kollmeier und sein
Team haben zu einem Umdenken in der
Branche beigetragen. „Im ersten Schritt
mussten wir zunächst die komplexen Ab-
läufe des natürlichen Hörens verstehen
und darauf aufbauend erste Algorithmen
(
Rechenverfahren) für Hörsysteme ent-
wickeln, die diese Prozesse für Menschen
mit einer Hörbeeinträchtigung überneh-
men“, erläutert Kollmeier.
Die Umsetzung vom sperrigen Labor-
Prototyp zu einemmodernen High-Tech
Hörsystem brachte weitere Herausforde-
rungen mit sich: „Welcher Hörgeräte-
nutzer akzeptiert eine Drahtverbindung
zwischen dem linken und dem rechten
Ohr? Also mussten wir eine schnelle,
drahtlose Datenverbindung mit einer
hohen Datenrate und niedrigem Ener-
gieverbrauch entwickeln“, erklärt Inge-
nieur Niederdränk.
Aus den gemeinsamen Arbeiten des
Forscherteams ging eine Reihe von
Patenten hervor. Bereits 2004 brachte
die Siemens Audiologische Technik
erste binaurale Geräte auf den Markt.
„
Es motiviert uns, dass unsere Er-
findung heute zahlreichen Menschen
hilft“, betont Hohmann, Experte für
Modellbasierte Signalverarbeitung für
Hörgeräte.
Dass die Erfindung der „Binauralen
Hörsysteme“ heute in fast allen mo-
dernen Geräten berücksichtigt wird,
ist vor allem auf die gute Kooperation
zwischen Wissenschaft und Industrie
zurückzuführen. Zu Beginn wurde
diese durch ein Förderprogramm des
Bundesministeriums für Wissenschaft
und Forschung unterstützt und später
im Rahmen des Netzwerks Auditory
Valley erfolgreich fortgeführt.
Für das nominierte Team bleibt es span-
nend. Wer den Deutschen Zukunftspreis
2012
erhält, wird erst bei der Preisver-
leihung bekannt gegeben. Das ZDF
überträgt die Gala am 28. November,
22.15
Uhr.
Vom Labor-Prototyp
zum High-Tech Hörsystem
Birger Kollmeier und sein Team sind für den Deutschen Zukunftspreis nominiert
Hördiagnose: Eine Probandin beim „Oldenburger Satztest“ im Haus den Hörens.
Foto: Daniel Schmidt
L
ehrerbildung im Fokus der For-
schung – Aktuelle Promotionsar-
beiten und ihr Nutzen für die Praxis“
–
so lautet der Titel einer Ringvorlesung
im Wintersemester. Die ReferentInnen
sind DoktorandInnen des Promotions-
programms ProfaS, die sich mit Fragen
schulischer Bildung beschäftigen. Die
Reihe richtet sich an die Hochschulöf-
fentlichkeit sowie an Eltern, Lehrkräf-
te, Lehrerausbilder und alle an Schule
Interessierten.
Den Auftakt machen Monika Reimer
und Eva-Maria Pahl. Reimer spricht über
„
Energie: (K)ein Thema für die Grund-
schule? Eine Studie zu Schülervorstel-
lungen zum Thema Energie“. Pahls
Vortrag hat den Titel: „Dein Lehrer,
das unbekannte Wesen: Wie verstehen
und unterrichten Sachunterrichts- und
Physiklehrkräfte das Thema ‚Energie’?“
Das Promotionsprogramm ProfaS
wird seit 2010 vom Land Niedersach-
sen durch die Vergabe von Stipen-
dien gefördert. Es untersucht, wie
Lehrkräfte Unterricht strukturieren,
planen und reflektieren. Ziel ist es,
Lehrerbildung und Schulpraxis wei-
ter zu entwickeln. Zurzeit sind 21
DoktorandInnen eingeschrieben. 13
ProfessorInnen betreuen sie. Vertre-
ten sind die Fachdidaktiken Biologie,
Chemie, Deutsch, Geschichte, Infor-
matik, Mathematik, Physik, Politik,
Sachunterricht sowie die Allgemeine
Lehr-Lern-Forschung.
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Wann: 31. Oktober, 17.45 Uhr
Wo: Bibliothekssaal
Weitere Vorträge:
jeweils mittwochs, 17.45 Uhr
Das unbekannte Wesen
Vorlesungsreihe zur schulischen Bildung
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ie EU fördert zwei große interna-
tionale Projekte unter Leitung des
Oldenburger Wirtschaftsinformatikers
Prof. Dr. Jorge Marx-Gómez. ELEC-
TRA – „Enhancing Learning in ENPI
Countries Through Clean Technolo-
gies and Research-related Activites” –
wird von ERASMUS MUNDUS, dem
Exzellenzprogramm der Europäischen
Union, mit knapp 4 Millionen Euro
unterstützt. Es ist federführend an der
Universität Oldenburg verankert und
stärkt die Forschung und Lehre in den
Themenbereichen Erneuerbare Energien
und nachhaltige Entwicklung an Hoch-
schulen der Kaukasus-Region. Für die
Durchführung und inhaltliche Betreuung
zeichnet das Zentrum für Umwelt- und
Nachhaltigkeitsforschung (COAST) der
Universität verantwortlich.
Die Zielländer von ELECTRA sind
Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Ge-
orgien und die Ukraine. Insgesamt be-
teiligen sich 18 Universitäten und zehn
Forschungsinstitute in den Zielländern
und der EU an dem Projekt. Durch For-
schungskooperationen und –aufenthalte
soll es die Qualität von Forschung und
Lehre in zukunftsweisenden Themen-
bereichen stärken.
„
Die Zielländer von ELECTRA be-
finden sich politisch, ökonomisch und
kulturell in einer Umbruchphase. Des-
halb sind Themen wie Erneuerbare
Energien und Nachhaltigkeit für die
Hochschulen dort von größter Bedeu-
tung“, erklärt Marx-Gómez. ELEC-
TRA ist geprägt von einem intensiven
Austausch zwischen Studierenden,
DoktorandInnen, Postdocs und Hoch-
schulmitarbeiterInnen sowie der Ver-
netzung von WissenschaftlerInnen.
In den kommenden vier Jahren or-
ganisieren die Universitäten ge-
meinsam mit ihren EU-Partnern ein
Stipendien-Programm. Es sorgt für
den Austausch von Studierenden und
WissenschaftlerInnen und ermöglicht
zahlreiche neue Forschungskoopera-
tionen zu Umwelt- und Nachhaltig-
keitsthemen.
Das zweite Projekt fördert die EU mit
1,1
Millionen Euro. Es unterstützt
in den kommenden drei Jahren Part-
nerhochschulen in Jordanien, Syrien,
Tunesien und Ägypten bei der Ein-
führung von Master-Studiengängen
im Bereich Wirtschaftsinformatik.
„
Exporting Master Programme in
Enterprise Systems Engineering to
Wissenschaftlicher Austausch in der Umbruchphase
EU fördert zwei Kooperationsprogramme unter Leitung von Jorge Marx-Gómez mit mehr als fünf Millionen Euro
Jordan, Syria, Tunisia and Egypt“
heißt das Projekt, das die EU im Rah-
men des EU-Hochschulkooperations-
programms „Tempus IV“ unterstützt.
„
Tempus IV“ hat die Aufgabe, das
Hochschulwesen von EU-Nachbar-
staaten – sogenannte Target-Länder
–
im westlichen Balkan, in Osteuro-
pa, Zentralasien, Nordafrika und dem
Mittleren Osten durch gemeinsame
Projekte zu modernisieren.
Neben der Universität Oldenburg sind
die Universität Magdeburg, das Poly-
technic Institute of Cávado and Ave
(
Barcelos, Portugal), die Pompeu Fa-
bra University Barcelona (Spanien)
und das Royal Institute of Technology
(
Stockholm, Schweden) an dem Pro-
jekt beteiligt. Von den Target-Ländern
nehmen je zwei Universitäten in Jor-
danien, Syrien, Tunesien und Ägypten
an dem Projekt teil. „Unsere dortigen
Partner sind exzellente Hochschulen,
die die besten Voraussetzungen haben,
einen zukunftsträchtigen und inno-
vativen Studiengang aufzubauen“, so
Marx-Gómez. Zudem freue er sich,
dass sein Projekt das einzige durch
„
Tempus IV“ geförderte Vorhaben
sei, das eine Kooperation mit Syrien
unterstützt.
In dem Projekt erarbeiten Wissen-
schaftlerInnen und ExpertInnen einen
Masterstudiengang der Wirtschaftsin-
formatik, der sich am Bologna-Prozess
orientiert. Dabei konzipieren sie neue
Lehr-Module und Seminare, beziehen
aber auch Kurse, Lehrmaterialien und
das Know-How der europäischen Part-
neruniversitäten mit ein. (tk)
D
as Wasser ist die Kohle der Zu-
kunft“ schrieb Jules Verne in
seiner Abenteuergeschichte „Die
geheimnisvolle Insel“ schon 1875.
Heute gilt Wasserstoff als großer En-
ergielieferant. Doch wie lässt sich
Wasserstoff in großemMaße nutzen?
Eine Antwort auf diese Frage sei
Wasserspaltung mit Hilfe von Son-
nenlicht, so Prof. Dr. Thorsten Klü-
ner vom Institut für Reine und An-
gewandte Chemie. „Die durch Sonne
beeinflusste Spaltung von Wasser in
Wasserstoff und Sauerstoff könnte
bald in umfangreichem Maß zur
Energieerzeugung beitragen“, sagt
Klüner, der die Arbeitsgruppe „The-
oretische Chemie“ leitet.
Welche chemischen Prozesse ab-
laufen müssen, damit Sonnenlicht
Wasser in Wasserstoff und Sauer-
stoff spaltet, das untersucht Klüner
in einem eigenen Projekt. „Quanten-
chemische und quantendynamische
Studien zur photokatalytischen
Wasserspaltung an Titandioxido-
berflächen“, so lautet der Titel, das
Projekt ist Teil des kürzlich gestar-
teten bundesweiten Schwerpunkt-
programms der
Deutschen For-
schungsgemein-
schaft (DFG) „Re-
generativ erzeugte
Brennstoffe durch
l ichtget r iebene
Wasserspaltung“.
Die DFG unterstützt Klüners Arbeit
mit insgesamt 400.000 Euro.
Klüner ist zuversichtlich, ein neues
Design effizienterer Photokatalysa-
toren auf der Basis von Titandioxid
entwickeln zu können. „Mit die-
sen Photokatalysatoren sollte es in
absehbarer Zukunft möglich sein,
die lichtgetriebene Wasserspaltung
kommerziell in großem Maßstab zu
nutzen.“ (fk)
Energie aus Wasserstoff
Chemiker untersucht Wasserspaltung durch Licht