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UNI-INFO
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Enorm schnelle Lichtenergie
Durch Experimente Oldenburger Physiker rücken „optische Computer“ in greifbare Nähe
Über ausgewählte
Forschungsschwerpunkte ...
...
der Universität Oldenburg hat
sich im März der Präsident der
Helmholtz-Gemeinschaft (HGF),
Prof. Dr. Jürgen Mlynek, vor Ort
informiert. Nach der Begrüßung
durch Universitätspräsidentin Prof.
Dr. Babette Simon präsentierten
Wissenschaftler das Forschungszen-
trum Sicherheitskritische Systeme,
die Meeresforschung, die Nano-
Energieforschung und die Wind-
energieforschung.
Anschließend besuchte Mlynek das
„Haus des Hörens“, wo Prof. Dr. Dr.
Birger Kollmeier den Forschungs-
bereich Neurosensorik und das Ex-
zellenzcluster Hearing4all vorstellte.
Foto: Markus Hibbeler
Böenregler und
Windumlenker
E
inen Verbund, in dem mehr als
600 WissenschaftlerInnen zur
On- und Offshore-Windenergie
forschen
den gründeten im Januar
VertreterInnen von ForWind (Zen-
trum für Windenergieforschung der
Universitäten Oldenburg, Hanno-
ver und Bremen), DLR (Deutsches
Zentrum für Luft- und Raumfahrt)
und Fraunhofer IWES (Institut für
Windenergie und Energiesystem-
technik). In Berlin unterzeichneten
sie den Kooperationsvertrag.
„Ein koordiniert auftretender
Verbund für die Windenergiefor-
schung stärkt die Unternehmen in
Deutschland und trägt zur Siche-
rung ihrer Zukunft bei“, kommen-
tierte Bundesumweltminister Peter
Altmaier die Gründung. „Für das
Gelingen der Energiewende brau-
chen wir effiziente und zuverlässige
Windenergieanlagen, an denen der
Forschungsverbund arbeitet.“ Das
gemeinschaftliche Auftreten soll
Synergien für anstehende Großpro-
jekte in der Windindustrie schaffen.
Das erste Projekt „Entwicklungen
und Konstruktion intelligenter Ro-
torblätter“, das das Bundesumwelt-
ministerium mit zwölf Millionen
Euro drei Jahre lang fördert, ist
gestartet. Ziel ist es, Machbarkeit,
Effizienz und Zuverlässigkeit von
intelligenten Rotorblättern unter
Beweis zu stellen.
Intelligente Rotorblätter sind Ro-
torblätter, deren Blatthinterkan-
ten und Klappen die Form ändern
können und somit bei Bedarf den
Wind umlenken. Sie können so
gezielt Böen ausregeln und Lei-
stungsschwankungen verringern.
Anlagenbauer scheuen jedoch
noch den Einsatz dieser Blätter.
Die Wissenschaft ist nun gefordert,
die intelligenten Rotorblätter so zu
konstruieren, dass sie nicht fehler-
anfälliger, schwerer und wartungs-
intensiver werden.
D
ie Universität ist in diesem Jahr mit
drei Forschungsbereichen auf der
Hannover Messe vertreten, die unter
dem Leitthema „Integrated Industry“
steht: mit der Hörforschung, der Wind-
energie und der Informatik.
„Hörexperimente“ und „Akustische Il-
lusionen“ sind die Exponate, die das
von Prof. Dr. Dr. Birger Kollmeier ge-
leitete Forschungs- und Entwicklungs-
netzwerk Auditory Valley präsentiert.
Die Hörexperimente bieten unter ande-
rem Sprachtests zum Selbstausprobie-
ren sowie einen Schwerhörenden- und
Hörgerätesimulator. Die akustischen
Illusionen ermöglichen das Erleben bi-
nauraler Phänomene. Die Projektgruppe
für Hör-, Sprach- und Audiotechnolo-
gie des Fraunhofer-Instituts für Digitale
Medientechnologie IDMT demonstriert
mit dem Exponat „Hörunterstützung im
Telefon“ eine adaptive Signalverarbei-
tung, die sich in Endgeräte, Telefonanla-
gen oder Telefonnetze integrieren lässt.
Sie verbessert nicht nur die Klang- und
Sprachverständlichkeit beim Telefonie-
ren, sondern berücksichtigt auch indivi-
duelle Hörbedürfnisse.
ForWind, das Zentrum für Wind-ener-
gieforschung der Universitäten Olden-
burg, Hannover und Bremen, präsentiert
mit MULTI-LiDAR einen laseroptischen
Windscanner für hochauflösende Wind-
messungen. Von den Messdaten erwar-
ten die WissenschaftlerInnen wichtige
Erkenntnisse über die Strömungsver-
hältnisse bei Windenergieanlagen und
Windparks. Ein weiteres Exponat ist
das 2D-Laser-Cantilever-Anemometer
(2D-LCA), ein Sensor zur Messung
von Windgeschwindigkeiten in zwei
Raumrichtungen, mit dem sich selbst
kleinste Fluktuationen erfassen lassen.
Interessierte können sich zudem über
Weiterbildungsprogramme zur On- und
Offshore-Windenergie informieren.
Akustische Illusionen
und fahrerlose Fahrzeuge
Universität mit drei Forschungsbereichen auf der Hannover-Messe
Das Informatik-Institut OFFIS illus-
triert am Beispiel eines Navigations-
systems für Fahrradfahrer das Thema
„Human Factors: Mensch und Technik
– Kooperation oder Konfrontation?“
Neu ist die Nutzerführung, die neben
den üblichen visuellen Darstellungs-
formen von Karten und Stadtplänen
auch nicht-visuelle Interaktionsme-
thoden, zum Beispiel das Fühlen und
Hören räumlicher Daten, ermöglicht.
Zusammen mit der Firma Götting KG
stellt OFFIS zudem Ergebnisse des
Projekts „SaLsA – Sichere autonome
Logistik- und Transportfahrzeuge“ vor.
Hier geht es um fahrerlose Transport-
fahrzeuge, die sich auch außerhalb von
Produktions- und Lagerhallen sicher
und schnell bewegen. (mr)
Wann: 8. bis 12. April
Wo: Halle 2, Stand A10 –
Hörforschung und OFFIS
Halle 27, Stand E50 – ForWind
I
hnen könnte nach Expertenmeinung
die Zukunft gehören: Computern,
bei denen optische Elemente gängige
elektronische Komponenten ersetzen.
Einem deutsch-italienischen Forscher-
team um den Oldenburger Physiker
Prof. Dr. Christoph Lienau ist ein wich-
tiger Schritt hin zur Entwicklung op-
tischer Schaltelemente gelungen.
In der Februar-Ausgabe der renom-
mierten Fachzeitschrift Nature Photo-
nics berichten die Wissenschaftler über
ihre neuen Forschungsergebnisse zur
Realisierung ultraschneller Lichtschal-
ter.Konventionelle Computer basieren
auf Halbleitertransistoren: In ihnen wer-
den elektronische Ströme geschaltet, die
durch hauchfeine Leiterbahnen fließen. In
aktuellen Prozessoren sind diese Leiter-
bahnen nur wenige zehn Nanometer breit
– ein Nanometer ist der Milliardste Teil
einesMeters – und die Ströme werden auf
einer Zeitskala von etwa einer Nanose-
kunde geschaltet. „ImPrinzip könnteman
erheblich schnellere Computer realisieren,
wenn es gelänge, Licht statt Elektronen
in solche Leiterbahnen einzusperren und
zu schalten“, erläutert Lienau. Solche
„optischen Computer“ existieren bislang
nur als Vision vonWissenschaftlerInnen.
Unter anderem deshalb, weil es enorm
schwierig ist, Licht in solch kleinen Di-
mensionen einzufangen.
Hier konnten Forscher in den letzten
Jahren mit der Entwicklung von nano-
strukturierten metallischen Lichtleitern
– zum Beispiel mikroskopisch kleinen
Silber- oder Golddrähten – erhebliche
Fortschritte erzielen. Allerdings gelang
es mit diesen Lichtleitern alleine bisher
nicht, Licht auch hinreichend schnell
durch Licht zu schalten.
In ihrem Beitrag in Nature Photonics
beschreiben die Wissenschaftler einen
neuen Lichtschalter, aufgebaut aus
einem Gitter aus nanostrukturierten
Golddrähten, die mit einer dünnen
Schicht eines organischen Halblei-
ters überzogen sind. „Wenn wir sol-
che Hybrid-Strukturen mit kurzen
Lichtblitzen bestrahlen, dann oszil-
liert die Lichtenergie enorm schnell
zwischen Golddraht und Halbleiter“,
erklärt Prof. Dr. Parinda Vasa, ehe-
mals Physikerin in Oldenburg, nun
Hochschullehrerin am Indian Institute
of Technology in Mumbai. „Diese so-
genannten Rabi-Oszillationen führen
dazu, das wir das Licht, immer wenn
es im Halbleiter angekommen ist, mit
einem zweiten Lichtimpuls ausschal-
ten können.“ Die Dauer eines Schalt-
prozesses beträgt dabei nur wenige
zehn Femtosekunden, ist also mehr
als 10.000 Mal schneller als in einem
elektronischen Computer.
„Wir lernen zunehmend, wie wir die Be-
wegung von Lichtstrahlen in kleinsten
räumlichen Strukturen und auf enorm
kurzen Zeitskalen effizient kontrollieren
und steuern können“, sagt Lienau. Auch
wenn sie die Effizienz und Lebensdauer
des optischen Schalters noch erheblich
verbessern müssten, würden die sich
daraus ergebenden Anwendungsper-
spektiven immer faszinierender und
„rücken zunehmend in greifbare Nähe“,
so der Physiker.
Das Projekt wird durch die Deutsche
Forschungsgemeinschaft im Rahmen
des Schwerpunktprogramms „Ultra-
schnelle Nanooptik“ und die deutsch-
italienische Zusammenarbeit durch das
Laserlab Europe Projekt der Europä-
ischen Union gefördert. (mr)
/
journal/vaop/ncurrent/full/
nphoton.2012.340.html
„Bewegung von Lichtstrahlen in kleinsten räumlichen Strukturen steuern“: Hier ein optisch parametrischer Verstärker,mit dem die Arbeitsgruppe „Ultraschnelle Nano-Optik“ extrem kurze
Laserlichtblitze erzeugt.
Foto: Daniel Schmidt
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