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Molekulare Spurensuche im Watt

Geochemische Biomarker verraten die Herkunft organischen Kohlenstoffs in den Wattsedimenten

Nach der letzen Eiszeit unterlag der Meeresspiegel der Nordsee starken Schwankungen, im nordwestdeutschen Küstenraum bildeten sich ausgedehnte Niedermoore, Übergangsmoore und seltener auch Hochmoore, die später vom Meer teilweise wieder überflutet wurden. Die Überreste dieser Moore liegen heute als "schwimmende Torfe" im Untergrund des Wattenmeeres. Gelangen die Torfschichten - etwa in Prieleinschnitten - wieder an die Oberfläche, werden sie durch Gezeitenströmung, Wellengang oder durch Bohrmuscheln erodiert und in die Wattsedimente eingelagert. Solches 2000 bis 8000 Jahre altes, terrestrisches organisches Material bildet eine Hauptquelle im Kohlenstoffkreislauf des Ökosystems Wattenmeer.

Moorvegetation im Loyer Moor bei Oldenburg

Bei dem Versuch, diese Umlagerungsprozesse besser zu verfolgen und zu verstehen, versagen klassische Methoden wie die botanische Analyse von im Torf enthaltenen Pflanzenresten: viel zu fein wird der erodierte Torf im Sediment verteilt. An der Universität Oldenburg fahndet aus diesem Grund Diplom-Umweltwissenschaftler Ralf Wöstmann von der AG Organische Geochemie nach molekularen (Bio-)Indikatoren, mit denen er selbst hochverdünntes Material den verschiedenen Torfen im Untergrund zuordnen kann.

Das Team bei der Probeentnahme im Watt

 

Die Suche nach den Biomarkern beginnt mit einer Großrestanalyse von Torfproben aus Nieder-, Übergangs- und Hochmooren, die klärt, welche Pflanzen in den verschiedenen Moortypen zur Torfbildung beitragen. Die ausgewählten Kandidaten, z. B. schmalblättriges Wollgras, Schnabelsegge und Flatterbinse, werden am Ende der Wachstumsperiode geerntet. Anschließend wird ihre Lipid-Zusammensetzung mit chromatographischen und massenspektrometrischen Methoden identifiziert und quantifiziert.

Die fertigen Bohrkerne mit den dunklen Torfschichten

Lipid-Moleküle bieten den Vorteil, dass sie nur sehr langsam zersetzt werden und über lange geologische Zeiträume vergleichbare Proben liefern. Als Biomarker eignen sie sich, wenn sie eine Unterscheidung von charakteristischen Pflanzen oder Pflanzenvergesellschaftungen der verschiedenen Moortypen erlauben. Zudem dürfen sich die Verbindungen während der Ablagerung der Pflanze und Diagenese nicht verändern - dies wird anhand der Lipid-Zusammensetzung der entsprechenden Torfe überprüft. Findet man in einer Wattprobe solche Biomarker oder "molekulare Fossilien", kann man sie direkt auf die entsprechenden torfbildenden Pflanzen zurückführen. Dieses Vorgehen wird als Chemotaxonomie bezeichnet.

 

Torf tritt im Watt an die Oberfläche und wird erodiert

Zwei Stoffgruppen mit hohem chemotaxonomischem Potential hat Ralf Wöstmann bereits identifiziert: Die Verteilung von in Blattwachsen (n-Alkane) und bei verholzenden Pflanzen (pentacyclische Triterpenoide) vorkommenden Lipiden in einer Probe erlaubt dem Oldenburger Forscher nicht nur zwischen Nieder- und Hochmoortorfen zu unterscheiden. Sie ermöglicht ihm darüber hinaus eine Feinzuordnung etwa zu Schilf-, Seggen- oder Bruchwaldtorfen.

Gefördert wird das von Prof. Dr. Jürgen Rullkötter geleitete Projekt "Küstentorfe" mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

www.uni-oldenburg.de/admin/daten/icbm/ogc/

Kontakt: Ralf Wöstmann, Diplom-Umweltwissenschaftler, ICBM, AG Organische Geochemie, Tel.: 0441/798-3262, E-Mail: r.woestmann@icbm.de