UNI-INFO
Seite 5
40. Jrg. 6/13
UNI-INFO: Welches kulturwissen-
schaftliche Neuland soll das Helene-
Lange-Kolleg erschließen?
PAUL: Queer Studies sind hierzulande
noch wenig etabliert. Deshalb stellt
das Kolleg für die Universität Olden-
burg eine besondere Chance dar, seine
Geschlechterforschung kulturwissen-
schaftlich in Richtung Queer Studies
auszubauen. Das Kolleg legt den Fokus
auf künstlerische
Arbeiten, die sich
gegen Festschrei-
bungen überkom-
mener Geschlech-
tervorstellungen
wenden, heteronor-
mative Strukturen
und Leitbilder kri-
tisieren und dazu Alternativen suchen.
UNI-INFO: Welche Arbeiten interes-
sieren Sie dabei besonders?
PAUL: Arbeiten, die intermedial ope-
rieren, das heißt, sie verwenden äs-
thetisch-technische Mittel aus Kunst,
Musik, Medien- und Populärkultur
usw. Aber wir setzen inhaltlich keine
Grenzen, im Gegenteil. Die uns lei-
tende Frage in der Forschung lautet:
Inwiefern ermöglicht Intermedialität
die Ausformulierung queerer Positi-
onen – und inwiefern können diese als
eine Art Anti-Normalisierungspolitik
fungieren?
UNI-INFO: Beispiel einer künstle-
rischen Position, die Alternativen auf-
zeigt?
PAUL: Künstlerische Arbeiten kön-
nen programmatisch uneindeutige
Geschlechter zeigen und so der hete-
ronormativen Zweigeschlechtlichkeit
widersprechen. Oder anders gesagt: Sie
können die Frage nach der Geschlechts-
zugehörigkeit als unwichtig markieren.
Oder es geht um ein parodistisches Spiel
mit scheinbar selbstverständlichen Ge-
schlechterstereotypen, die auf diese
Weise problematisiert und ad absur-
dum geführt werden. Beispiele aus den
1960er Jahren stammen etwa von Jack
Smith, Vera Chytilová und David Bowie
alias Ziggy Stardust. Heutzutage sind
etwa Gossip mit Beth Ditto oder die im
Nordwesten bestens bekannten queer-
feministischen Sissy Boyz zu nennen.
UNI-INFO: „Queer Punk“ ist ein The-
ma, zu dem eine der vier Kollegiatinnen
forscht. Was muss man sich darunter
vorstellen?
PAUL: Nun, die Kollegiatin forscht
anhand von Songs, Lyrics und Fan-
zines aus den Jahren 1985 bis heute
über queere Praxen in der „Queer Punk“
genannten Bewegung. Darunter wird
ein künstlerisch-politisches Netzwerk
verstanden, das sich vom ‚herkömm-
lichen’ Punk abgrenzt – durch neue,
nicht-heteronormative Entwürfe von
Sexualität, Geschlechtlichkeit und Le-
bensführung. Dies ist historisch, ästhe-
tisch und politisch kontextualisierend
genau zu analysieren.
UNI-INFO: Bleibt die Forschungsper-
spektive des Kollegs in der Kunst – oder
geht sie auch darüber hinaus?
PAUL: Es geht uns darum, das For-
schungsdesign des Kollegs um die Per-
spektive der politischen Umsetzbarkeit
von queeren Positionen zu erweitern.
Wichtige Fragen, die nun den Fokus auf
die Rezeption legen, sind: Wie lassen
sich in der Kunst entwickelte Ideen,
Konzepte und Handlungsorientierungen
auf andere, außer-künstlerische Felder
übertragen? Wie sind Alltagspraktiken
entsprechend zu modifizieren bezie-
hungsweise wie werden sie umgearbei-
tet, durchkreuzt und verschoben? Wie
lassen sich Ordnungen und Regulie-
rungen verändern? Eine zentrale Rolle
spielt hierbei die sexuelle Selbstbestim-
mung als Menschenrecht.
Wann: Auftaktveranstaltung:
4. Juli, 17.00 Uhr
Wo: Campus Haarentor, A 8 0-001
/
hlk-queer/
Forschungsdesign um
queere Positionen erweitern
Sprecherin Barbara Paul zum kulturwissenschaftlichen Helene-Lange-Kolleg
Helene-Lange-Kolleg
„Queer Studies und Intermediali-
tät: Kunst –Musik –Medienkultur“
Leiterinnen des Kollegs: Prof. Dr.
Barbara Paul (Sprecherin), Prof.
Dr. Melanie Unseld, Prof. Dr. Silke
Wenk (alle Fakultät III) und Prof.
Dr. Andrea Sick (HfK Bremen).
Koordination: Institut für Kunst
und visuelle Kultur in Kooperation
mit demZentrum für interdiszipli-
näre Frauen- und Geschlechter-
forschung (ZFG).
Die vier Kollegiatinnen nehmen
an dem – nun um Queer Studies
erweiterten – Promotionsstudi-
engang Kulturwissenschaftliche
Geschlechterstudien teil.
D
as musikalische Leben in Ol-
denburg und an der Universität
ist ohne sie einfach nicht vorstellbar
und wäre ganz schön eintönig.“ Das
sagt Prof. Dr. Susanne Binas-Prei-
sendörfer, Stellvertretende Direktorin
des Instituts für Musik – und meint
damit Prof. Viole-
ta Dinescu (Foto).
Die Komponistin,
Hochschullehrerin
für Angewandte
Musiktheorie und
Komposition so-
w ie D i r ek t o r i n
des Instituts für
Musik feiert am 13. Juli ihren 60. Ge-
burtstag. Aus diesem Anlass ehrt das
Institut die international anerkannte
Komponistin in der Vorwoche mit
einem Festakt und mit dem Sympo-
sium „Zum künstlerischen Schaffen
Violeta Dinescus“. Mit dem Festakt
und dem Symposium wolle das Institut
Violeta Dinescu seine Hochachtung
und seinen Dank aussprechen, erklärt
Binas-Preisendörfer.
Die aus Rumänien stammende Dinescu
studierte in Bukarest Komposition,
Klavier und Pädagogik. 1982 siedelte
sie nach Deutschland über. Seit 1996
lehrt und komponiert sie in Oldenburg.
An der Universität hat sie das Archiv
osteuropäische Musik und die Sympo-
sienreihe „Zwischen Zeiten“ ins Leben
gerufen. Zusammen mit dem Musik-
wissenschaftler Roberto Reale veran-
staltet sie das Komponisten-Colloquium
„Musik unserer Zeit“ mit Gästen aus
aller Welt. Zu Dinescus bekanntesten
Werken zählen die Oper Eréndira und
das Pfingstoratorium.
Für ihre Kompositionen erhielt sie
zahlreiche Auszeichnungen und Prei-
se, unter anderem den renommierten
Johann-Wenzel-Stamitz-Preis. Kürz-
lich veröffentlichte sie die CD „Der
Schlüssel der Träume“, die im vergan-
genen Jahr beim Rundfunk Berlin-
Brandenburg mit dem Trio Contraste
aufgenommen wurde.
Anlässlich des Festakts führen inter-
nationale MusikerInnen Werke von
Violeta Dinescu auf. Das Symposium
ist dem künstlerischen Schaffen der
Komponistin gewidmet. Das musika-
lische Rahmenprogramm mit Werken
Dinescus wird von DozentInnen und
Instrumental-Lehrkräften der Univer-
sität gestaltet. (tk)
Wann: Festakt: 5. Juli, 18.00 Uhr;
Symposium: 6. Juli, 9.30 Uhr
Wo: Kammermusiksaal
„Ohne sie wäre es
ganz schön eintönig“
Festakt und Symposium zum 60. Geburtstag Violeta Dinescus
E
rholungsfähigkeit im Job will ge-
lernt sein – so das Ergebnis einer
Studie zur Erschöpfungsprophylaxe
des Centers für Lebenslanges Lernen
(C3L) in Kooperation mit der DAK-
Gesundheit Oldenburg und der Füh-
rungsakademie Hannover. Unter der
Leitung des Pädagogen Dr. Johann
Bölts führte die Arbeitsgruppe „Be-
triebliches Gesundheitsmanagement“
(BGM) der Universität ein Projekt
mit über 40 Führungskräften aus zwei
Unternehmen der Region Oldenburg
durch. Bei dem eigens konzipierten
Training erlernten sie gesundheitsför-
derliche Regenerationstechniken zur
persönlichen Erholung. Außerdem
trainierten sie Führungstechniken,
mit denen sie ihre Mitarbeiter vor
unnötigem Kräfteverschleiß schüt-
zen können. Die TeilnehmerInnen
wurden durch das Training für Er-
holung im Arbeitsalltag sensibili-
siert und erwarben Kompetenzen zur
Bewältigung von arbeitsbedingten
Belastungen. „Bisher war Vorsorge
Privatsache. Mit diesem Angebot
bringen wir Prävention in die Arbeit“,
so Bölts. Langfristig könne das Trai-
ning zu einer „ressourcenschonenden
Arbeitskultur“ beitragen.
Erholung trainieren
Studie zur Erschöpfungsprophylaxe
1,2,3,4 6,7,8